Wolfgang Witte
Fachaustausch Berlin-Murmansk, 4. - 10. August 1997/Reisebericht
Vor der Reise
Als mich Max Wegrich fragte, ob ich Interesse hätte an einem Fachaustausch
nach Murmansk teilzunehmen, hatte ich zunächst gezögert zuzusagen.
Da waren die vielen anderen Anforderungen am Arbeitsplatz, die der Erledigung
harrten, die Überlegung, ob mein Kollege Herbert Schmidt nocheinmal
bereit wäre mich für eine Woche zu vertreten und die Frage nach
den entstehenden Kosten. Neben all diesen rationalen Gründen standen
aber auch die anderen, die sich aus (Vor-)urteilen, Presseberichten und
Berichten von anderen Reisenden zusammensetzen. Kann man sich der Aeroflot
anvertrauen, was würde uns so weit oben im Norden erwarten? War es
kalt, wie würden wir wohnen, wie ist das Essen. Murmansk - für
mich eher ein Ort für Spionageromane aus dem kalten Krieg: Rostige
Atom U-Boote im Polarnebel. Andererseits zeigte der Atlas eine Großstadt
und Bergbauindustrie. Was wohl Jugendliche an diesem Ende der Welt machen.
Nachdem alle organisatorischen Fragen geklärt waren, überwand
ich meine Befürchtungen und sagte zu. Trotzdem blieb ein zwiespältiges
Gefühl. Am Freitag, dem letzten Arbeitstag vor dem Abflug, verabschieden
sich die Kollgen, wobei die guten Wünsche für die Reise auffällig
von Formeln wie ”komm heil wieder” durchzogen sind. Ein Abschied in den
Mallorca-Urlaub klingt anders. Nur bei Katharina, die intensive Bindungen
nach St. Petersburg hat, klingt das anders, sie ist sogar ”ein bißchen
neidisch”. Auch bei meinem Nachbarn Stefan, der Slawist ist, überwiegt
das positive Interesse. Mit dem Näherrücken des Abflugs wächst
zudem das Reisefieber, entstehen Fragen. Reinhilde Godulla hat aus dem
Internet eine Textsammlung über Murmansk erstellt, die einige Anhaltspunkte
gibt, Bilder und Fragen enstehen läßt.
Bislang habe ich kaum Erfahrungen mit ”dem Osten”. Selbst in Polen war
ich erst einmal, Anfang der siebziger Jahre. Rußland, die Sowjetunion
sind mir praktisch unbekannt. Zwar kenne ich einige russische Literatur-Klassiker,
lese und sehe mit Interesse Berichte über das Land. Aber bislang war
mir die Distanz ganz recht. Der Blick des Westlers geht lieber nach Frankreich
und New York. Wäre ich nicht gezielt angesprochen worden, weil der
Verband jemanden von der staatlichen Seite mitnehmen wollte, hätte
ich mich wohl nicht intensiv um eine Teilnahme bemüht.
Die Vorgeschichte der Reise: Max Wegrich hat bei einer Tagung in Kaliningrad
Valentin Kalte, den Leiter des Murmansker Jugendkomitees - vergleichbar
einem Stadtjugendamt - kennengelernt und daraufhin einen Fachaustausch
Berlin- Murmansk initiiert. Der Besuch der Musmansker Kollegen in Berlin
fand vom ... bis ... statt. Unsere Reise ist also die Rückbegegnung.
1. Tag, Montag 4.August 1997, Flug über Moskau, Ankunft in
Murmansk
Um 12 Uhr treffen wir uns am Flughafen Berlin-Schönefeld, der
Abflug mit Aeroflot ist für 13 Uhr vorgesehen. Alles geht reibungslos,
bald sitzen wir in einer etwas betagten Tupulew 164, einem vergleichweise
kleinen Düsenjet. Was so viele Jahre auf dem Buckel hat, wird diesen
Flug wohl auch anstandslos bewältigen. Wir heben pünktlich und
ohne Schwierigkeiten ab. Bald überfliegen wir die Oder, wobei die
Überschwemmungsgebiete gut zu erkennen sind. Aus der Luft sieht das
so harmlos aus. Die Mitpassagiere sind großteils deutsche Techniker
und Geschäftsleute, die in Rußland zu tun haben und beklagen,
daß sie keinen Lufthansa-Flug bekommen haben. Nach dem flugüblichen
Imbiß schenkt eine freundliche ältere Stewardess Teewasser aus
großen silberglänzenden Kesseln ein. Der Anflug auf Moskau zeigt
eine flache Waldlandschaft mit vielen verstreuten Holzhäusern. Ich
errinnere mich an Fernsehberichte über russische Dissidenten und Gorkis
”Sommergäste”. Nach problemloser Landung auf Sewoiteno 2 steigen wir
in Flughafenbusse, die innen überall deutsche Schilder tragen. Es
sind ausgemusterte deutsche Nahverkehrsbusse. Nach Zoll und Paßkontrolle
gehen wir zum Geldwechseln. Eine zeitraubende bürokratische Prozedur
mit Paßabgeben und Formularausfüllen erwartet uns. Die Angestellte
sitzt in einem Metallcontainer und bedient uns durch eine winzige Luke,
durch die sie kaum zu erkennen ist. Für 100 DM gibt es 310.000 Rubel.
Dann geht es weiter mit dem Bus zum zwölf Kilometer entfernten Flughafen
Sewoiteno 1, der hauptsächlich Inlandsflügen dient. An der Strecken
viele verlassen wirkende Gebäude und große Werbetafeln, z.B
für Coca-Cola. Nach dem Einschecken haben wir Zeit für einen
Imbiß: belegte Brote, Bouletten in Teig, Cola und Sprite, alles zu
”westlichen” Preisen. Die Frage ”wer kann sich das bloß leisten”
wird uns noch öfters beschäftigen. Nach weiteren dreieinhalb
Stunden Flug erreichen wir gegen 22.30 Uhr Murmansk. Im Dämmerlicht
eine leicht hügelige Landschaft, Wälder, Seen. Fast kein Haus.
Der Flughafen wirkt um diese Uhrzeit noch kleiner und verlassener als er
ohnehin schon ist. Außer uns gibt es noch drei andere Maschinen,
ein paar Kleinflugzeuge und robust wirkende Hubschrauber. Beim Aussteigen
werfe ich nochmal einen Blick auf die arg abgefahrenen Reifen unseres Jets,
die mir schon in Moskau aufgefallen waren. Vorerst behalte ich diese Beobachtung
aber für mich. Im Flughafengebäude müssen wir noch eine
Gepäckkontrolle überwinden, wobei geprüft wird, ob jeder
auch wirklich sein Gepäckstück mitnimmt. Nach kurzem Warten werden
wir von einem Kleinbus abgeholt. Ein älterer Renault, die offenbar
der Stadtverwaltung gehört und von einem älteren Herr gesteuert
wird, der ein großes Abzeichen mit einem Kreuz auf seinem Anzugerevers
trägt. Mit ihm kommt Ira, eine Deutschstudentin, die an den folgenden
Tagen häufig unsere Begleiterin und Übersetzerin sein wird. Bis
zu unserem Hotel fahren wir etwa eine dreiviertel Stunde. Murmansk zieht
sich viele Kilometer an einem Fjord und einer Flußmündung hin.
Die meisten Gebäude sind Plattenbauten, dazwschen einige Holzbauten.
In der Innenstadt auch klassizistische Gebäude. ”Unser” Hotel mit
Namen ”Arktika” ist 16-geschoßig, wovon allerdings gegenwärtig
nur acht Etagen genutzt werden. In der großzügigen Halle geben
wir an der Rezeption unsere Pässe ab und erhalten unsere Zimmerschlüssel.
Im Foyer wachen einige schwarzgekleidete kräftige kurzhaarige Herren
und halten offenbar unerwünschte Besucher fern. Wir wohnen im achten
Stock mit Blick auf den Hafen. Jeder und jede hat ein Einzelzimmer mit
Bad/WC. Auch wenn alles stark abgenutzt ist, Teppich und Tapeten extrem
fleckig sind, haben wir doch das Gefühl, gut untergebracht zu sein.
Die Fenster sind doppelte Doppelfenster und lassen ahmen, welcher Witterung
hier getrotzt werden muß. Nachdem wir uns in unseren Zimmer eingrichtet
haben, besuchen wir noch das Restaurant um etwas zu Essen und zu trinken.
Gegenüber dem Restaurant befindet sind eine Diskothek, wo überwiegend
Mainstream-Rock gespielt wird. Obwohl es Montag abend und schon ein Uhr
ist, gibt es noch viele junge Gäste. Das Restaurant dagegen ist fast
leer. Später erfahren wir, daß das Hotel von einem schwedisch-russischen
Joint-Venture errichtet und vor zehn Jahren in Betrieb mit 640 Zimmern
genommen wurde. In den ersten Jahren war das ”Arktika” dann so etwas wie
die gute Stube von Murmansk. Beispielsweise war es schwierig hier einen
Platz im Restaurant zu bekommen. Nach der Wende zogen die Preise dann auf
westliches Niveau an, während die Einkommen sich nicht erhöhten.
So können sich heute nur wenige einen Besuch im Restaurant leisten.
Bis vor wenigen Wochen gab es zudem umfangreiche Prostitution, die jedoch
durch ein neues Management verdrängt wurde. Einen gehobenen westlichen
Hotelstandard mit Farb-TV, neuen Möbel, Telefon und Getränkeservice
bietet nur die vierte Etage. Das Telefon ist hier an das norwegische Telefonsystem
angeschlossen, sodaß sich von hier problemlos nach Berlin telefonieren
läßt. Das System der russischen Post ist weitaus komplizierter
unlangsamer. Als wir gegen halb drei schließlich unsrere Zimmer aufsuchen,
ist es immer noch nicht dunkel, nur ein wenig dämmerig.
Dienstag, 6. August
Der Tag beginnt mit einem opulenten Frühstück. Salatteller,
Spiegeleier mit Wurst, gefüllte Hefestücke, am Buffet gibt es
Marmelade, Käse, Salate und ander warme Speisen. Der Kaffee ist Nescafe
mit warmem Wasser aus einem riesigen Samowar. Anschließend fahren
wir unter Iras Führung zum Gebäude des Jugendkomitees. ZweiFernsehteams
haben bereits Betacam-Einheiten aufgebaut. Herbert Scherer wird um
Statements gebeten. Leider sind es schnell wieder weg und wir erfahren
nicht, woher die eigentlich waren. Valentin Kalte und Nadejda Malycheva,
die mit in Berlin war und für internationalen Austausch zuständig
ist, sehen wir heute noch nicht. Valentin ist krank, Nadejda hat noch Urlaub.
Wir werden kurz durch die Büroräume des Jugendkomitees
geführt. Ich finde die Ausstattung vergleichbar mit unseren Büros,
in jedem Zimmer gibt es Computer. Anscheind arbeiten hier ca. sechs Personen.
Draußen im Flur gibt es einen Pförtner. Nach einem Überblick
über das Programm der Woche fahren wir zu einer Jugendeinrichtung
der Patriotischen Vereinigung. Im Erdgeschoß eines Plattenbaus sind
mehrere Wohnungen zusammengelegt worden. Die Leiterin empfängt uns
in einem wohnzimmerähnlichen Büro. Der aktuelle Arbeitschwerpunkt
ist die Durchführung von Ferienarbeitseinsätzen von Jugendlichen
in Grünanlagen und im Straßenbau. Die Jugendlichen erhalten
dafür eine Entlohnung, die in etwa einer üblichen Arbeitsentlohnung
entspricht. Die tägliche Arbeitszeit beträgt etwa vier Stunden,
der Rest steht für Freizeitaktivitäten zur Verfügung, die
in der Einrichtung ebenfalls angeboten werden. Als wir die Einrichtung
besuchen, wird beispielsweise ein Spielenachmittag mit Ratenspielen veranstaltet.
Die Einrichtung beschäftigt weiter etwa 10 junge Leute, die als Näherinnen,
Friseurinnen und Buchhalterinnen arbeiten. Die hier hergestellte Kleidung
wird bedürftigen Bürgern zur Verfügung gestellt oder dient
der Ausstattung anderen Jugendeinrichtungen. Weitere Schwerpunkt sind Sport
und offenbar auch wehrsportähnliche Aktivitäten. In der Diskussion
erläutere ich, daß für unsere Jugendarbeit aufgrund unserer
Geschichte vergleichbare Angebote nicht existieren. Meine Frage nach einer
fachliche Diskussion der Jugendarbeit hierüber bleibt leider unbeantwortet.
Später erfahre ich aber, daß es zunehmend schwierig wird Interesse
bei den Jugendlichen hierfür zu wecken. Die Frage nach der Art der
Mitwirkung der Jugendlichen an den Inhalten der Arbeit ergibt, daß
hier weitgehend angebotsorientiert gearbeitet wird. An einem möglichen
Austausch mit Berlin, z.B. im Rahmen von Workcamps, gibt es Interesse.
Bei unserem Besuch haben wir auch Gelegenheit mit der erwähnten Spielegruppe
zu sprechen. Sie fragen uns z.B. was die Jugendlichen in Berlin in ihrer
Freizeit machen. Unsere Frage nach Berufswünschen ergibt, daß
die meisten Jungen zur See fahren wollen.
Im Anschluß besichtigen wir das Ehrenmal oberhalb des Tal des
Ruhmes. Ein haushoher Soldat aus Beton wacht von einem Hügel aus über
Murmansk und die Flußmündung. Auch einige Flakgeschütze
erinnern an den 2. Weltkrieg. Während des Krieges war Murmansk umkämpft,
wurde aber von den Deutschen nicht eingenommen. Als wichtigster eisfreier
Atlantikhafen war Murmansk für den Nachschub von alliiertem Kriegsmaterial
von größter Bedeutung. Durch deutsche Luftangriffe wurde die
Stadt völlig zerstört. Bei Seegefechten wurde u.a. das Schlachtschiff
”Scharnhorst” vor Murmansk versenkt. Die Erfahrungen des Krieges sind bei
den Einwohnern der Stadt, die den Titel ”Heldenstadt Murmansk” trägt,
nach wie vor präsent. Auch während des kalten Krieges hatte Murmansk
eine herausragende strategische Bedetung, nicht zuletzt als Stützpunkt
der sowjetischen U-Boot-Flotte. Bis heute sind Teile der Halbinsel Kola,
besonders die Küstenregion der Barentssee, militärisches Sperrgebiet.
Mittags essen wir in einem Restaurant, das gegenüber unserem Hotel
liegt. Auch hier mehrere Gänge. Außer uns gibt es nur wenige
Gäste. Im Fernseher läuft das deutsche Viva, das hier über
Satellit zu empfangen ist.
Am Nachmittag und abend haben wir Zeit für einen Stadtbummel. In
Begleitung von Ira und Kolja, der auch Student ist, gehen wir über
den Lenin-Prospekt, die Murmansker Haupt-Einkaufsstraße. Sie ist
großteils im klassizistischen Stil erbaut und erzeugt fast eine südländische
Atmosphäre, zumal es sonnig und um die 25 Grad warm ist. Auf der Straße
fahren Oberleitungsbusse. Es gibt zwar zahlreiche Läden, in vielen
werden jedoch hauptsächlich westliche Produkte angeboten: Lebensmittel,
Kinderspielzeug, Video- und Tonbandcassetten. Fast alles westlich zu westlichen
Preisen, wobei der Durchschnittverdienst bei etwa 500/600 DM liegt. Unterwegs
unterhalte ich mich mit Kolya. Er studiert Englisch, Deutsch, Japanisch,
Koreanisch, macht Kendo und interessiert sich sehr für die Bibel.
Sein Lieblingdichter ist Rainer Maria Rilke, dessen Geschichte er liebt
und die ihm auch zum eigenen Verfassen von Gedichten anregen. Kolja bemüht
sich sehr um eine korrekte Aussprache und bittet mich immer wieder, ihn
zu korregieren. Als wir an der Lenin-Statue vorbeigehen, spottet er über
”unseren großen Führer”. Von einer Diskussion über einen
möglichen Abriß weiß er nichts. Außerdem seien die
Ex-Kommunisten noch so stark, daß sie dies verhindern würden.
Abends machen Reinhilde und ich noch einen Spaziergang auf eigene Faust.
Dabei kommen wir zu einem Vergnügungspark, einem fest installierten
Rummel mit Riesenrad, Autoscooter usw. Alles wirkt auf uns stark renovierungsbedürftig,
viel Rost, wenig Farbe. Vermutlich ist der Rummel ebenso wie die Plattenbauten
in der Umgebung in den achtziger Jahren erbaut worden. Heute leistet sich
kaum noch jemand einen Besuch und gibt kein Geld für Investitionen.
In einem großen Bogen gehen wir Richtung Bahnhof. Wohin man blickt
gibt es Investitionsbedarf: Löcher in den Straßen, bröckelnde
Fassaden. Eine früher prächtige Treppenanlage ist teilweise unterspült
und entwicklet sich zur Gefahrenstelle. Vor dem Bahnhof gibt es einen üppigen
Blumenmarkt. Als wir hindurchgehen, will uns jeder Blumen verkaufen. Der
Bahnhof selbst ist ein prächtiges Gebäude. Mit seiner großen
Kuppel hat er fast etwas kirchliches. Oben auf der Spitze sitzt noch immer
ein leutend roter Stern. Vom Bahnsteig fahren die Züge nach Süden.
Ein altertümliche Anzeigeautomat gibt Auskunft: Moskau ab 30 Stunden.
Wer mit der Bahn hierher kommt, muß wirklich Raum und Zeit überwinden.
Von Berlin hat man wohl mit mindestens 3 Tagen zu rechnen. Wir schließen
noch einen Spazierung zum Hafen an. Unterwegs sehen wir einen ziemlich
verwahrlosten Spielplatz, der die Idee für ein Sanierung im Rahmen
eines Workcamp aufkeimen läßt. Am Hafen ist eine angenehme Atmosphäre.
Mich beeindruckt der Atom-Eisbrecher ”Russia”, der dort im Dock liegt.
Spät am Abend, so gegen halb 12 treffen wir uns wieder im Hotelrestaurant,
um noch etwas zu trinken. Draußen ist immer noch taghell.
Mittwoch, 7. August
Am Vormittag treffen wir Valentin Kalte, den Leiter des Jugendkomitees
in seinem Büro, das wir schon von der Begrüßung kennen.
Es ist ein gut zwanzig qm großer Raum mit einer T-förmigen Tischanordnung,
wie in der früheren DDR. An der Wand hängt etwas verloren ein
großer Buttom mit der amerkanischen Fahne. Murmansk hat eine Partnerstadt
in den USA, Jacksonville. Valentin ist ein kräftiger, nicht sehr großer
vitaler Mann um die fünfzig. Auch Nadejda Malycheva ist da. Nach einer
Einführung über den grundsätzliche Bedeutung der Beziehung
zwischen Murmansk und Berlin besprechen wir einige Aspekte von Jugend und
Jugendarbeit in Murmansk. Das Schulsystem umfaßt eine neunjährige
Grundschule sowie eine dreijährige technische Oberschule, die auch
der Berufsvorbereitung dient. Es gibt 16 Ausbildungsstätten, die nach
dem Bedarf der örtlichen Betriebe ausbilden, u.a. Seeleute, Mechaniker,
Techniker, Eisenbahner, Aluminum-Metallarbeiter. Neu sind Ausbildungen
in Betriebswirtschaft und im juristischen Bereich. Die Entscheidung über
die Inhalte liegt stärker als früher in der Region. Die Förderung
der Jugendarbeit ist durch das ”Gesetz über gesellschaftliche Kinder-
und Jugendorganisationen” vom Mai 1996 geregelt. Mittlerweile gibt es etwa
30 Kinder- und Jugendorganisationen, die großteils aus den früheren
Pionieren und Komsomol hervorgegangen sind, u.a. ”Das goldene Jahrhundert”,
”St. Marin”(Abenteuertourismus), ”historischer Club”, Pfadfinder, Pioniere.
(Für uns ist allerdings unklar geblieben, welchen Charakter und welche
Rechtsform- und stellung die einzelnen Organisationen genau haben.) Der
”Rat der Jugendorganisatioen” fungiert als Vermittler der Zuschüsse
an die Jugendorganisationen. ”Politische Jugendorganisationen” können
auf diesem Wege keine Zuschüsse erhalten. Insgesamt verfügt die
Jugendarbeit in Murmansk über einen Etat i.H.v. 15.Mrd. Rubel, also
5 Mio. DM, wovon jedoch nur etwa die Hälfte von der Kommune tatsächlich
zur Verfügung gestellt wird. Valentin Kalte stellt uns einige Projekte
und Arbeitsbereiche des Jugendkomitees vor:
- Literaturpreis für junge Autoren, der mit Geldpreisen bis zu
ca. 700 DM dotiert ist.
- internationale Jugendbeziehungen mit Finnland und Schweden, Konferenzen
im Zusammenhang mit dem Rat der Länder der Barentsregion
- Rockfestivals für Schüler- und Amateurbands z.B. zum Thema
”Mensch-Natur- Musik”, wobei es auch einen Bandaustausch mit finnischen
und norwegischen Bands gibt. Parallel finden Workshops(”Meisterklassen”)
statt. Die Preisträger werden durch eine Fach und eine Zuschauerwertung
ermittelt. In diesem Jahr soll das Festival vom 24. - 30.11. stattfinden,
die Finanzierung ist jedoch noch nicht ganz gesichert. Herr Kalte
würde hier gern einen Austausch mit Berliner Bands integrieren.
- Journalistenfestival, das parallel mit dem Rockfestival durch geführt
wird zu Themen aus dem Bereich Umwelt/Ökologie. Hier gibt es
Kontakt mit Journalisten aus Halle und ein Abkommen mit dem Land
Sachsen-Anhalt über einen Journalistenaustausch.
- Videoclub: hier wurden u.a. themenspezifische Projekte mit Finnland
durchgeführt.
- Malzirkel, u.a. zur Ikonenmalerei
- Tanz- und Theaterzirkel
- Arbeitsförderung für Jugendliche: sechsmonatige Kurse als
Eingliederungshilfe
Wir verabreden an den nächsten Tage eine Liste mit möglichen
Kooperations- und Begegnungsprojekten zu erstellen.
Am Nachmittag besuchen wir den ”Palast der schöpferischen Jugend”,
den früheren Pionierpalast, dessen Angebote sich anscheindend eher
an Kinder und jüngere Jugendliche richtet. Rein äußerlich
handelt es sich um ein gut zehn Jahre altes großes Betongebäude,
dessen Äußerliches entfernt an ein Schiff erinnert. Zum Zeitpunkt
unseres besuches sind Ferien, so daß nur wenige Kinder da sind. Das
Innere wird geprägt durch breite weitläufige Flure. Neben einem
Veranstaltungsraum gibt vor allem schulklassengroße Kabinette z.B.
für Aquarien, tropische Vögel und Pflanzen, die von den Kindern
und Jugendlichen gepflegt werden. Die Einrichtung hat große Probleme,
weil immer weniger Kinder während ihrer Freizeit in das etwas abgelegende
Gebäude kommen. Ältere nutzen das Gebäude kaum. Neben dem
Palast liegt das ”Ozeanum”, wo Seehunde in Unterwasserkäfigen gehalten
werden. Zur Fütterung werden Künststückchen mit ihnen vorgeführt.
Eintrittspreis: 5 DM. Außer uns gibt es noch etwa 30 Zuschauer.
Später besuchen wir eine ambulante kinderpsycholgische Beratungs-
und Therapieeinrichtung, die zu einem Krankenhaus gehört. Die psychologische
Leiterin und einer ihrer Kollegen empfangen uns im weißen Kittel.
Nach einer Führung durch die Räume, wobei wir auch Therapiegruppen
aufsuchen, werden wir in einen fensterlosen Hypnoseraum geführt. Die
Einrichtung wird durch drei Liegen und einen modernen Schreibtisch dominiert,
ferner gibt es eine Videoausstattung. Als Beispiel für die Therapie
von Stotterern wird uns ein Videofilm vorgführt. Zwei Kinder spielen
darin ein ihnen vorgegebenes Märchen, die Rollen durften sie sich
aussuchen. In einem anderen Film agieren die Kinder nach den Anweisungen
der Leiterin aus dem off. Worin der therapeutische Nutzen liegt, bleibt
mir unklar. Das Ganze hat eher einen unangenehm dominanten Beigeschmack.
Meine Frage, ob die letzten Jahre der Umwälzung zu neuen Problemen
und neuen Methoden geführt haben, stößt auf Unverständnis.
Die Erfahrungen mit fremden Methoden seien nicht gut, das meiste würde
nicht für die russische Situation passen. Nach Bedarf werde Bewährtes
durch neues ergänzt. Wir sind erleichtert, als wir diese Einrichtung
verlassen.
Abends mit Max ein längerer Spaziergang über Hafen und Lenin-Prospekt.
Die Stadt erschließt sich uns langsam. In einem ”McDonald”-ähnlichen
Lokal trinken wir ein Bier. Auch hier sind wir fast die einzigen Gäste.
Donnerstag, 8. August
Heute sind wir zu einem Ausflug ins Umland eingeladen. Mit dem Kleinbus
und begleitet von Ira und Nadejda fahren wir zu einem Feriengelände,
das einem Betrieb in Murmansk gehört. Auf dem Gelände gibt es
kleine Wochenendhäuschen, die offenbar aus großen Röhren
gebaut wurden. Innen sind sie teilweise schön mit viel Holz ausgebaut
worden. Nadejda erzählt, daß die Häuschen auch im Winter
genutzt werden. Wir laufen zu einem nahegelegenen großen See. Strahlender
Sonnenschein und mindestens 25 Grad. Wir rudern, Reinhilde und Herbert,
die Badesachen mithaben, gehen sogar schwimmen. Mittags kommen auch Valentin
Kalte und seine Frau Sina. In einem ziemlich neu ausgebauten Restaurant
gibt es ein reichhaltiges Mittagessen, besonders mit Fischspezialitäten.
An der Wand hängen Bärenfell und Schwerter sowie eine Ritterszene,
die ich für eine Darstellung von Alexander Newski halte, der Rußland
gegen den Deutschen Ritterorden verteidigt hat und im 2. Weltkrieg als
historisches Vorbild angesehen wurde. Bekannt ist der Film von Sergej Eisenstein.
Leider lassen sich meine Vermutungen weder bestätigen noch verwerfen,
weil meine Gesprächspartner dazu nicht viel sagen, vielleicht ist
ihnen das Thema auch nicht recht. Nachmittags treffen wir Herr A. Malinin,
den u.a. für Jugendfragen zuständigen stellvertretenden Gouverneur
der Region Murmansk. Man könnte ihn etwa mit einem Staatssekretär
vergleichen, wobei sich das russische politische System von unserem unterscheidet.
Dort wird der Gouverneur direkt gewählt und sucht sich dann seine
Regierungsmannschaft aus. Das Parlament kann zwar über den Haushalt
des Gouverneur bestimmen, sich jedoch nicht in politische Einzelfragen
einmischen. Auch wenn das etwa einstündige Treffen keine konkreten
Ergebnisse oder Zusagen zur Folge hat, halten wir die Tatsache des Treffens
selbst für ein positives Zeichen. Weiter besichtigen wir eine neu
gebaute kleine Holzkirche, die der Leiter des Wirtschaftsbetriebes und
der ortliche Priester zusammengebaut haben. Sie fungiert allerdings nicht
wirklich als Kirche. Der wirklichen Zweck des Gebäudes blieb uns unklar.
Am Nachmittag wurden wir zum Grillen eingeladen. Valentin hatte Fleich
eingelegt und bereitete sehr gut schmeckende Spieße, dazu gab es
Salat und Brot. Zu trinken gab es u.a. Wodka. Ich unterhielt mich länge
mit Ira. Sie wohnt bei ihren Eltern und meint, das der familiäre Zusammenhalt
in Russland bestimmt stärker ist als in Deutschland. Sie studiert
Deutsch und Englisch, wobei sie ein Stpendium von 150.000 Rubel, umgerechnet
etwa 50 DM bekommt. Ohne die Unterstützung durch ihre Familie ginge
es also nicht, wobei das ihren Eltern, die als Krankenschwester und Seemann
arbeiten, sicherlich auch nicht leichtfällt. Sie würde gern für
einige Zeit nach Deutschland kommen, allerdings ginge das nur mit einem
Stpendium. Der DAAD hat leider den ersten Antrag angelehnt.
Abends nach unserer Rückkehr zum Hotel setzen wir uns noch in
einen nahegelegenen Park. Außer uns sind noch viele junge Leute da,
die den warmen Abend genießen, etwa trinken und miteinander reden.
In Deutschland würde das Bild eines Parks mit biertrinkenden Jugendlichen
bei den Bürgern verschiedenste Befürchtungen zu wecken. Hier
scheint das kein Problem zu sein. Es gibt keine Agressionen, keine Raufereien,
auch Betrunkene sind nur selten zu sehen. Andererseits ist auch relativ
viel Polizei unterwegs.
Freitag, 8. August
Vormittags besuchen wir eine Stelle, die sich um Arbeitsfragen in Bezug
auf Jugendliche kümmert. Der Leiter Valeri Gawrila fährt mit
uns zu einer Art Schulgarten, der durch Jugendliche, die in den Ferien
dort arbeiten aufgebaut wird. Anschließend geht es zu seinem Büro.
Unterwegs kommen wir einem Gemüsemarkt vorbei, wo etwa 10 rustikale
LKW sternförmig mit dem Heck zur Mitte zeigend im Kreis stehen. Die
Türen sind offen, von den LKW herunter wird Obst und Gemüse verkauft.
Im Büro sitzen wir in einem Raum, der künftig als Cafe dienen
soll, die Jugendlichen wollen ihm den Namen ”Absurd” geben. Neben Valerie
sind noch andere Kollegen anwesend. Im Unterschied zu anderen Stationen
gibt es hier eine Vorstellungsrunde. Olga ist die stellvertretende Leiterin,
die das Gespräch führt nachdem Valerie zu einem Termin beim Bürgermeister,
wobei es um die Arbeit mit gefährdeten Jugendlichen geht, fahren muß.
Der aktuelle Arbeitsschwerpunkt sind die Sommerbrigaden, die wir schon
bei der Patriotischen Vereinigung kennengelernt haben und die auch in dem
erwähnten Garten arbeiten. Neben der Bezahlung wird als wesentlicher
sozialer Wert gesehen, das Jugendliche hier die Erfahrung machen können
etwas sinnvolles für die Gemeinschaft zu tun. Ein weiteres Angebot
sind 6-monatige Jugendwerkstätten für junge Menschen zwischen
15 und 25 Jahren, die der Berufsorientierung dienen sollen. Teilweise werden
Jugendliche durch die Miliz gebracht, um durch die Teilnahme an den Werkstätten
eine Integration in das Arbeitsleben zu erfahren. Im Anschluß an
die Werkstätten werden die Jugendlichen in Betriebe vermittelt. Hier
werden Aufträge von Firmen, z.B. für die Schaufensteraus-stattung
oder die Herstellung von Arbeitskleidung erledigt. Geplant ist ferner ein
Programm ”Schule des jungen Sozionoms”, dabei werden junge Menschen für
die Pflege von älteren Menschen ausgebildet. Geplant, daß die
Jugendlichen für dies Arbeit auch bezahlt werden. Als Problem wird
gesehen, daß es bislang kaum ausreichend qualifiziertes Personal
für den sozialen Bereich gibt.
Anschließend besuchen wir eine Kinder- und Jugendgalerie, wo
Arbeiten von Kindern und Jugendlichen, die in verschiedenen Zirkeln und
in der Schule entstanden sind, gezeigt werden. Neben vielen Naturbildern,
großteils auch aus Naturmaterialen, gibt es Tuschbilder mit Stadtansichten,
Häkelarbeiten und Ergebnisse eines journalistischen Wettbewerbs, welche
sich großteils mit religiösen Themen und mit der Zarenzeit befaßen.
Die Leiterin überreicht uns Dokumentationen von Ausstellungen über
myhtisch bedeutsame Salzteig-Rentierfiguren aus Salzteig und über
die Kultur der Samen, die in der Gegend eine ethnisch Minderheit darstellen.
Die Idee einer Kinder- und Jugendgalerie finde ich sehr einleuchtend.
Am Nachmittag besuchen wir dann einen Atomeisbrecher gemeinsam mit einer
Gruppe ”Junger Humanisten” aus Halle. Sie sind unter Leitung von Siegmar
auf der Halbinsel Kola gewandert. Die Atomeisbrecher befinden sich unter
militärischer Bewachung, Fotoapparate dürfen leider nicht mit
zur Besichtigung genommen werden. Wir besichtigen unter Leitung eines markigen
jungen Offiziers die ”Arktika”. Zunächst versammeln wir uns auf der
Brücke, die für einen Atomeisbrecher erstaunlich wenig nach High-Tech
aussieht. Es überwiegen Stil und Technik der frühen siebziger
Jahre. Der Eisbrecher kann mit seinen 75.000 PS bis zu fünf Meter
Dickes Eis durchfahren, wobei neben der Dicke vor allem das Alters des
Eises entscheidend ist. Junges Eis ist weniger fest als altes. Die ”Arktika”
hat 120 Mann Besatzung, die großteils acht Monate im Jahr unterwegs
sind um ein Teilstück der Nord-Ost-Passage befahrbar zu halten. Dabei
fahren die Schiffe entweder im Konvoi oder sie werden fest mit dem Eisbrecher
verbunden. Dazu haben die Eisbrecher am Heck eine Kerbe für den Bug
des zu schleppenden Schiffes. Ökonomisch gibt es Probleme, weil die
Handelsschiffe, die die Eisbrecher mieten müssen, oft nicht rechtzeitig
zahlen können. Im Sommer kann man für 25.000 $ an einer Fahrt
zum Nordpol teilnehmen, wovon in diesem Jahr 70 Touristen Gebrauch machten.
Nachdem wir einen Blick in den Reaktor geworfen haben, können wir
in der Steuerzentrale mit dem Chef-Physiker sprechen. Ein sehr freundlicher
Herr, den niemand jemals mit einer verantwortungslosen Technik in Verbindung
bringen würde. Er arbeitet seit zwanzig Jahren hier, insgesamt seit
dreißig Jahren in der sowjetisch-russischen Atomindustrie, ist glücklich
verheiratet und hat zwei gesunde Kinder.
Abends machen wir eine kleine Hafenrundfahrt. Es ist wunderschönes
Licht, Murmansk zeigt sich von seiner besten Seite. Wir sehen die Eisbrecher
nocheinmal von der Fjordseite, aber auch etliche abgesoffene und zur Verschrottung
bereitliegende Schiffe, darunter ein großer Flugzeugträger.
Wir sitzen auf dem Deck des Ausflugschiffen und unterhalten uns mit Serina
Valentina Gennadjevna, einer Bekannten von Nadejda. Sie ist auch Lehrerin,
arbeitet aber nun bei einer norwegisch-russischen Consulting-Firma. Sie
erzählt das viele ausländische Firmen Probleme haben, weil diese
nicht mit der russischen Steuerbürokratie zurechtkommen. Daß
sie keine Lehrerin geworden ist, findet Serina positiv, die Jugendliche
seien zu schwierig geworden.
Sonnabend, 9. August
Vormittags treffen wir uns im Jugendkomitee, um unsere Ideen für
Austauschprojekte zu erörtern. Wir haben eine kleine Liste erstellt,
die dann Gegenstand einer gemeinsamen Erklärung von Verband und Jugendkomitee
wird:
1. Besuch einer Gruppe von Berliner Jugendlichen in Murmansk zur Naturerkundung,
wandern und Kanufahren, vielleicht in Kontakt mit den Jugendlichen aus
Halle Mitarbeit an einer Wanderwegmarkierung. Die Jugendlichen sollten
ca. 17 - 19 Jahre alt sein.
Das Projekt könnte von ggf. von Mitarbeitern des Verbandes
f. soz.kult. Arbeit umgesetzt werden.
2. Austausch von Workcamps. Jugendliche aus Murmansk kommen zur Love-Parade
und helfen bei der ”Wiederaufforstung”, Jugendliche aus Berlin setzen in
Murmansk einen Spielplatz instand. Spielgeräte könnten vielleicht
gespendet werden. Die Jugendlichen sollten etwa 16 Jahre alt sein.
3. Austausch von jungen Amateur-Rockbands aus Murmansk und Berlin. Workshops
und Auftritt beim Festival in Murmansk, gemeinsame Workshops, Tonstudioarbeit
in Berlin, möglichst auch gemeinsames arbeiten an Produktionen.
4. Video-Austausch zwischen Gruppen aus Berlin und Murmansk, wobei mit
”Video- Briefen” begonnen werden könnte. Anschließend möglicherweise
Kontakte über Internet, falls technisch und finanziell realisierbar.
5. Elektronische Brieffreundschaften über Internet und e-mail
6. Übersetzung von jugendspezifischen Fachtexten (russisch/deutsch-
deutsch/russisch) in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule
in Murmansk
7. Der Verband will sich um Mittel bemühen, damit Vertreter aus
Murmansk an der Austausch Börse in der IBJG Glienecke im Oktober
1997 teilnehmen können.
Für die meisten dieser Punkte gibt es Vorstellungen, welche Kollegen
und Träger möglicherweise angesprochen werden könnten. Grundsätzlich
gibt es das Problem, daß bei fast allen Aktionen die Kosten der berliner
und der murmansker Seite finanziert werden müssen, wobei es in allererster
Linie um Reisekosten geht.
Im Anschluß an das Abschlußgespräch spreche ich noch
mit Alla Smirnowa, die auch zeitweise für uns übersetzt hat.
Sie Hochschullehrerin an der Pädagogischen Hochschule für Deutsch.
Ihre Arbeit leidet auch unter einem Mangel an geeigneter zeitgenössischer
Literatur. Sie bittet mich, ihr Texte zur Jugendproblematik und von modernen
Autoren, jeweils fünfzehn Stück zu besorgen.
Vom Jugendkomitee bekommen wir Gastgeschenke überreicht: einen
Wimpel, Postkarten von Murmansk, einen Eisvogel aus Holz
Nachdem wir den Nachmittag frei haben, treffen wir uns abends mit den
Murmansker Kollegen im Hotel zur Farewell-Party. Ira überreicht uns
persönliche Geschenke. Ich bekomme eine Lackdose, wie ich sie mir
am nachmittag fast selbst gekauft hätte und nehme mir vor, ihr einige
deutsche Bücher zu schicken.
Sonntag 10. August
Morgens um dreiviertel sechs Abfahrt zum Flughafen. Die Aeroflot-Maschine
hat ein technisches Problem, ein Mann mit Schraubenzieher macht sich am
Fahrwerk zu schaffen. Mit einer guten halben Stunde Verspätung heben
wir ab. In Moskau wird es nochmal eng. Wir nehmen ein Taxi nach Sewoiteno
2. Dort aber gibt es an allen Schaltern Stau. Wir kommen nicht voran, die
Zeit läuft. Schließlich bugsiert uns Max an den wartenden Schlangen,
so daß wir doch noch das Flugzeug erreichen.
|